Gastbeitrag von Marcel Fischer

Bautzen: Hauptstadt der Sorben, Stadt der Türme, Standtort der ersten Simultankirche Deutschlands. Das ist Bautzen. Und über die schönen Seiten Bautzens lässt sich stundenlang reden. Trotzdem hat die Stadt insbesondere den Ruf als „Knaststadt“. Eine, von der Stadt in Auftrag gegebene, Studie kommt zu dem Schluss, dass beim Marketing noch Luft nach oben ist [1]. Deshalb sollen jetzt die internen Strukturen verändert werden. Das ist wichtig und richtig, wird aber nicht ausreichen, denn Bautzen hat auch noch ein anderes Imageproblem: Bautzen gilt als Nazihochburg.

Kumpanei zwischen NPD und CDU durch den stellvertretenden Landrat Udo Witschas [2], Neonazis am Stand unseres Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse [3] oder das Sponsoring eines Bautzener Fußballvereins durch einen Laden, der Kleidung für Rechtsextreme verkauft [4]. Auch das ist Bautzen.Und auch darüber lässt sich stundenlang reden.

Für viele Bautzener gibt es für dieses Problem einen klaren Schuldigen: die Presse. Schon Kurt Tucholsky sagte: „Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“ Dass dieses Denken auch im Stadtrat vorherrscht, zeigte der Stadtrat Karsten Vogt in der jüngsten Sitzung des Stadtrates, indem er dem Ersteller der Studie vorwarf, das Image der Stadt beschädigt zu haben. Schließlich hat die Presse ja darüber berichtet. Bei großen Teilen der Bautzener Bürger muss ein Umdenken einsetzen. Nicht wer auf den Schmutz hinweist, ist das Problem, sondern wer ihn macht. Das hat der Stadtrat Steffen Grundmann ebenfalls in dieser Sitzung festgestellt. Ohne dieses Umdenken kann keine Änderung des Images nachhaltig sein, denn der Schmutz entsteht ständig von Neuem.

Quellen:
[1] https://www.sz-online.de/sachsen/schoene-stadt-mieses-image-3869798.html

[2]https://www.mdr.de/sachsen/bautzen/staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-bautzens-vizelandrat-100.html

[3] https://twitter.com/Christian_Frey/status/902185090574405632

[4] http://www.sz-online.de/sachsen/trikots-des-sv-bautzen-verboten-3854489.html

5 Antworten

  1. Hallo Hr. Fischer,
    natürlich haben wir in Bautzen ein Image-Problem. Das haben wir aber im ganzen ostsächsischen Raum und ich erlebe Bautzen als Bautzener eher als einen Kristalisationsort xenophober Einstellungen, die im Umland existieren und sich in Bautzen medienwirksam bündeln können. Bautzen ist natürlich keine ˋNazi-Hochburg´ aber man trifft hier im Alltag vielfach auf Einstellungen nach dem Motto ˋMan wird doch noch mal sagen dürfen … ´ , die einen mit den Ohren schlackern lassen. Für so eine große Stadt mit dieser reichen Geschichte, sind wir überraschend kleingeistig unterwegs. Manchmal auch im Bautzener Stadtrat. Aber gewählt ist gewählt und der Stadtrat ist schon ein Abbild der Bautzener Bürgerschaft. Ich glaube im Übrigen, dass die hiesige CDU bis heute nicht darüber hinweggekommen ist, dass sie nach 25 Jahren nicht mehr den OBM stellen durfte. In 25 Jahren Alleinherrschaft sind in Bautzen natürlich nicht gerade Strukturen entstanden, die nach Veränderung ˋschreien´. Es ist extrem schwer, in Bautzen Neues anzustoßen. Neues zu denken scheint mir fast unmöglich. Aber wir müssen uns jetzt mal ein wenig schneller bewegen – in Bautzen.
    Östlich und südöstlich von uns sind wirtschaftliche und kulturelle Kraftzentren entstanden (Wroclaw, Liberec) , da muss man jedem Touristen und jedem Ansiedlungs-Interessierten Unternehmer empfehlen, hinzufahren.
    Görlitz stemmt ein grenzübergreifendes Neisse-Film-Festival und das ˋarme´ oft belächelte Zittau stemmt sogar eine grenzübergreifende ˋKulturhauptstadt-Bewerbung´.
    Und wir in Bautzen? Wir sind uns selbst genug. Sanierte Altstadt, Osterfest, Weihnachtsmarkt. Das muss reichen!
    “ Just – be Bautzen! That´s enough! “
    Tut´s aber nicht!
    Ich lebe jetzt seit über einem Jahrzehnt in der Oberlausitz und habe den Eindruck, dass die Stadt sich seit fast zwei Jahrzehnten ein wenig ˋverschnarcht´ und selbstverliebt auf die faule Haut gelegt hat. Viel Selbstlob und wenig Dynamik – dafür Angst vor Polen, Tschechen und Fremden im Allgemeinen und Flüchtlingen im Besonderen.
    In der Landesregierung sowie in den Landratsämtern Bautzen und Görlitz kommunikatives Totalversagen in Sachen Schule, Innere Sicherheit und Flüchtlinge.
    Politische Bildung findet gleich (fast) gar nicht statt. Schuld an der Lausitzer und Bautzener Misere sind natürlich die Flüchtlinge, die mit 0,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung unsere schöne Lausitzer Heimat und unser Deutschland gefährden. Wer hat Angst vor King Abode? Die Bautzener? Das Landratsamt Bautzen? Die Polizei?
    Na dann gute Nacht Bautzen. Aus einem querrulierenden und wahrscheinlich Flucht-traumatisierten Pubertanten wird eine Lausitzer Bedrohung gemacht.
    Wenn ich im Sommer 2017 mit ausländischen Gästen nördlich von Bautzen den Spree-Radweg entlang fahre, wird mir sofort schlecht ob der ausländerfeindlichen Schilder, die dort auf Privatgrundstücken montiert sind. ˋMan wird doch noch mal sagen dürfen … ´. So sind wir Lausitzer eben … Heimat- und Traditionsverbunden. Da bleibt natürlich nicht viel Platz für das Andere, das Fremde, das Neue … .
    Im Ergebnis gehen die jungen Leute, die was aus ihrem Leben machen wollen. Und die, welche nicht nur vom Mindestlohn leben wollen, gehen gleich mit. Ein Mindestlohn, den im Übrigen der amtierende Ministerpräsident Michael Kretschmer als Bundestagsabgeordneter bis zum Schluss zu verhindern gesucht hat.
    Zum Abschluss noch mal Bautzen: Ja; auch ich halte einen stv. Landrat Udo Witschas für politisch und fachlich untragbar. Er schadet der Region aber er hat die 100 %ige Unterstützung seiner CDU-Kreistagsfraktion. Deshalb bleibt er im Amt und deshalb ändert sich hier nichts – außer natürlich dass die jungen Menschen gehen – die Frauen übrigens zuerst – und die alten Männer bleiben.
    Und die Ruf-schädigende ˋLügenpresse´ wird hier wohl auch deshalb so genannt, weil sie den permanenten Selbstbetrug in Sachen fehlender gesellschaftlicher Modernisierung und (rechts) Radikalisierung in der Lausitz als das benennt, was es ist: Eine Gefahr für die Lausitz und die Demokratie. Danke für Ihren Beitrag Hr. Fischer.

    1. Auch vielen Dank für ihren Kommentar Herr Ingenlath. Auch sie sprechen viel wahres an. Mein Abijahrgang (2006) beispielsweise ist zu großen Teilen in der ganzen Welt verstreut.

  2. Sehr geehrter Herr Fischer,

    was uns eint, ist die Sorge um Bautzen. Was uns teilt, ist die Bewertung von Fakten und der Umgang mit ihnen.

    Die Firma Minnemedia wurde damit beauftragt, eine Analyse zum Stadtmarekting Bautzens zu erstellen. In dem vorgelegten Ergebnis muss man u.a. folgendes lesen:

    „Eine gefährliche Naivität – Das Stadtmarketing wird als seriöses Instrument zur Stadtentwicklung unterschätzt und erhält aus diesem Grund nicht die notwendige Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger und der Stadtverwaltung.“

    Genau dieses Zitat sorgte für den Artikel in der Dresdner Morgenpost und setzte den Auftakt für einen neuerlichen Imageschaden Bautzens, der vermeidbar war. Im Stadtrat konfrontierte ich Herrn Spath mit dieser Aussage und drückt ihm mein Verärgerung darüber aus.
    Seine Antwort in der öffentlichen Sitzung des Stadtrates war erschütternd: Herr Spath sagte mir, dass es sich um eine Überspitzung handele, mit der eine Wirkung erzielt werden sollte (siehe Protokoll des Stadtrates).
    Das bedeutet, dass zumindestens in diesem Punkt keine sachliche Analyse vorliegt, sondern eben eine Übertreibung. Leider kann dies die Öffentlichkeit nicht wahrnehmen und das beschädigt die Stadt Bautzen abermals. Als Stadtrat habe ich eine Eid geleistet, dass ich mein Handeln zum Wohl der Stadt einsetze. Imageschäden durch Übertreibungen kann man daher nicht akzeptieren.

    PS: Vielleicht gelingt es Ihnen, in Erfahrung zu bringen, wann ich in die CDU eingetreten bin. Die Antwort würde dazu führen, dass Sie Ihre These revidieren müssen, dass die Bautzener CDU noch immer nicht die verlorene OB-Wahl verarbeitet hat. 😉

    Mit freundlichen Grüßen
    Karsten Vogt
    CDU-Fraktionsvorsitzender des Bautzener Stadtrates

    1. Sehr geehrter Herr Vogt,
      vielen Dank für ihren Kommentar bzw. ihre Kommentare.

      Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich ebenfalls um das Image der Stadt sorge. Im dem Aufzeigen von Missständen kann ich aber keinen Imageschaden erkennen, selbst wenn die Formulierung überspitzt ist. Nach meiner Erinnerung teilen andere Stadträte, wie Herr Fleischer, diese Einschätzung. Da die Stadt Bautzen die Protokolle im Gegensatz zu manch anderen Städten scheinbar nicht auf ihrer Homepage veröffentlicht, bin ich hier auf mein Gedächtnis angewiesen. Desweiteren ist ein Imageschaden zu verneinen, da im Wesentlichen schon Bekanntes durch die Studie genannt wurde. Auch das wurde gesagt, wenn ich mich richtig erinnere.

      P.S. Mit ihren beiden P.S. kann ich nichts anfangen. Ich habe in meinem Beitrag nicht die These vertreten, dass die CDU noch Schmerzen durch die OB-Wahl überwinden muss.

      Mit freundlichen Grüßen
      Marcel Fischer

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