Gastbeitrag von Nico Brachtel 

Das Zweite Mal in diesem Jahr fand das Rechtsrockfestival „Schild und Schwert“ im Hotel Neisseblick in der kleinen Stadt an der sächsisch-polnischen Grenze Ostritz statt.
Dieses Mal, am 03.11.2018, kamen etwa 500 Neonazis zu der „Versammlung“, früher am Tag waren ca. 300 Gegendemonstrierende in der Stadt.

Soviel zu den Eckdaten. Ich dachte bisher, dass ich mich noch wenig schocken kann, was in der rechtsradikalen Szene zu finden ist, aber was ich da an geballtem Hass, Hetze, NS-Verherrlichung und blankem Neonazismus sah, schockt mich bis jetzt, wenn ich an die Bilder denke. Ich komme aus Freital, bin in der Kleinstadt bei Dresden aufgewachsen und wurde dort auch politisiert. War Betroffener der Rechtsterroristen der Gruppe Freital und stand im Fokus der rechten Szene vor Ort.

Bisher erlebte ich Gewalt, NS-Verherrlichung und Morddrohungen, aber außer der Gewalt nichts davon direkt bei mir, direkt vor meinem Gesicht und so nah. Mir persönlich wurde in Ostritz auch nichts angetan, geschweige denn wurde mir wissentlich Gewalt angedroht oder gar der Mord. Außer „Scheiß Presse!“, „Lügenfo**en“ und ähnlichem konnten wir, dank der Polizei Sachsen, uns frei auf dem Gelände bewegen. Es war aber der Unterton der auf der gesamten Veranstaltung mithinkte. Vor allem bei meiner zweiten Runde als Medienvertreter wurde das deutlich. Aber gehen wir mal weg von den, meist stark betrunkenen, Neonazis zu dem, weswegen diese da waren. Das Konzert außer acht gelassen, denn darüber kann ich wenig sagen, außer, dass es keine Themar-Hitlergrüße gab. Auf dem Versammlungsgelände gab es mehrere Stände, DIE RECHTE, die NPD, „Jugend in die Offensive“, Ansgar, die Demosani-Kameradschaft, NS-Heute und Merch-Stände der eingeladen Bands. Ein blau-weiß-gestreiftes Wappen mit Reichsadler oben drauf und „SS“ aufgedruckt, schwarze Sonnen, HKN KRZ-Shirts oder Solidaritätsbekundungen mit der Shoa-Leugnerin Ursula Haverbeck, für jede*n war was dabei. Natürlich war vieles davon nicht mehr aufzufinden, als wir als Medienvertreter*innen drin waren, um davon Fotos zu machen. Logisch.

 
Wir standen lange vor dem Gelände, bis wir mit Polizeieskorte reindurften, bis dahin haben wir auch noch gewitzelt, was uns wohl da drin erwarten würde. Ob wir uns das wirklich antun wollen fragte uns sogar ein Polizist. Nie im Leben hätte ich es mir so bedrohlich vorgestellt, so real.

 
Es war, als würde ich beim Betreten des Geländes in einer komplett anderen Realität sein zu einer längst vergessenen Zeit.
Diese Verdeutlichung von Nazi-Symboliken und dem offenen Rassismus und Antisemitismus, den diese Personen vertreten, war mir einfach nicht bewusst.

 
Neben dem Konzert und der Infoständen, gab es ja aber noch die Tattoo-Convention. Hier durften wir bei der ersten Begehung nicht rein, erst als Medienvertreter*innen dabei waren. Viel gab es hier allerdings nicht zu sehen, zumindest nicht auf den ersten Blick. Nazis, die Nazis Farbe unter die Haut pumpen und nebenbei pöbelnd Menschen bedrohen. Nix neues soweit. In Freital haben wir da den Tatto-Laden „Schlachthaus“, Steinar-Nazis und Gruppe Freital-Unterstützer*innen gehen hier ein und aus. Man kennt die Szenerie also.

 
Auf dem Weg nach Draußen passierte auch nicht mehr viel, die Polizei fragte uns lediglich, ob uns etwas passiert sei und/oder ob wir Straftaten feststellen konnte. Beides mussten wir verneinen, denn verfassungsfeindliche Symbole konnten wir beispielsweise nicht feststellen. Mal sehen, was die Bilder ergeben werden.

Soviel zum “Schild und Schwert“-Festival in Ostritz.

Danke an dieser Stelle an alle Menschen, die Gesicht gezeigt haben, gegen diese Menschenverachtung in Form irgendeiner Ideologie. Danke, dass ihr so zahlreich da wart und vor allem danke an die Menschen, die mich auf den beiden Begehungen des Geländes begleitet haben.

Es gibt kein ruhiges Hinterland!

Foto: @LukasKretzschm4

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