Sehr oft werde ich gefragt: „Was hat Dich denn in die Oberlausitz gezogen?“ Ich vermute, dass alle hören wollen: „Die Liebe!“ und dann eine schnulzige Geschichte über den Mann meines Lebens, wegen dem ich mein Leben in Mittelhessen aufgab und nach Bautzen/Budyšin zog. Doch so war es nicht – ganz und gar nicht…

Keiner der Fragenden vermutet die Antwort: „Wegen des Jobs!“ Man zieht aus der Region wegen des Jobs weg, aber in die Oberlausitz ziehen, das denken wohl die Wenigsten.

Im Juni 2015 stöberte ich wie so oft in Stellenanzeigen. Im Leben einer jungen Wissenschaftlerin ist es normal, dass man sich (fast) immer auf der Suche nach einer neuen Stelle befindet. Mit Glück bekommt man einen Vertrag für drei Jahre. Ich war mit meinem damaligen Arbeitsvertrag bereits in der „Verlängerung“ und wusste genau, dass am 31. Dezember 2015 Schluss sein würde.

Beim Stöbern in den Stellenanzeigen fiel mir eine Ausschreibung des Sorbischen Institutes/Serbski institut in Bautzen/Budyšin ins Auge. Sie suchten eine Historikerin für drei Jahre, die sich mit dem 20. Jahrhundert beschäftigt und bereit sein sollte eine der sorbischen Sprachen zu lernen. Es passierte aber oft, dass ich Stellenanzeigen sah, die mich interessierten. Auf 99 Prozent dieser Anzeigen reagierte ich nicht. Aus welchen Gründen auch immer, schrieb ich aber am 30. Juni 2015 vier Stunden vor Ablauf der Frist eine Bewerbung und sandte sie ab.

Im Juli bekam ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Das wollte ich gar nicht wahrnehmen, da das Gespräch eine Woche vor der Abgabe meiner Doktorarbeit lag und ich es als Zeitverschwendung erachtete fast neun Stunden pro Strecke durch Deutschland zu fahren. Freund*innen drängten mich jedoch zu fahren, ich fuhr und bekam die Stelle!

Am 1. September 2015 startete mein Abenteuer Bautzen/Budyšin. Da ich bis Ende 2015 allerdings noch eine zweite halbe Stelle in Hessen hatte, pendelte ich im Wochentakt zwischen Hessen und Sachsen. Der wirkliche Umzug erfolgte Anfang Januar 2016. Zumindest physisch lebe ich seitdem nur noch in der Stadt an der Spree – der Kopf hat etwas länger für das Ankommen benötigt!

Ich kannte in der Stadt niemanden, auch in Dresden nicht! Ich kenne in jeder größeren Stadt Deutschlands Menschen, aber nicht in Ostsachsen oder der Oberlausitz. Deswegen war ich damals auch der festen Überzeugung, dass ich in den drei Jahren in der Hauptstadt der Sorben neben meinem Job in aller Ruhe noch meine Doktorarbeit veröffentlichen kann, da einen hier ja nichts ablenkt. Dies sollte ein Trugschluss sein, aber über das Ankommen und das erste Jahr in Bautzen/Budyšin werde ich in den folgenden Artikeln schreiben.

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