Mitte August 2015 kam ich an einem Montag zum ersten Mal nach Bautzen. Es regnete aus Strömen und das sollte sich bis Mittwoch auch nicht mehr ändern. Ich kam am Bahnhof an und wollte eigentlich direkt wieder umkehren. Die Unterführung ist noch der schönste Teil des Bahnhofs. Hat man diese verlassen, so steht man vor einem verschlossenen Bahnhofsgebäude, auf der anderen Seite blickt man auf den stillgelegten Güterteil des Bahnhofs und fühlt sich nicht wirklich willkommen.

Der erste Gang führte mich zum Hotel. Mehr sah ich an diesem Tag auch nicht, da es bereits spät war. Am kommenden Tag sollte ich am Nachmittag das Vorstellungsgespräch haben, davor wollte ich noch Museen besuchen und mir die Altstadt anschauen, da ich davon ausging, dass es ein einmaliger Besuch in der Stadt werden sollte.

Nach dem Frühstück brach ich Richtung Altstadt auf. Ehe ich die Altstadt erreichte kam ich aber an einer Shoppingmall vorbei, von der ich mittlerweile weiß, dass es sich um das Kornmarktcenter handelt, holte mir dort einen Kaffee für unterwegs. Dort beobachtete ich, wie zwei Herkunftsdeutsche einen Menschen, von dem sie vermuteten, dass er nicht aus Deutschland kommt als „Kanake“ und schlimmer beschimpften. Das war also mein erster Eindruck von Bautzenern außerhalb des Hotels…

Die Beobachtung beschäftigte mich den kompletten Tag, vor allem, dass ich oder andere nichts dagegen gesagt hatten. Ich setzte meinen Plan für den Vormittag um und besuchte Museen und spazierte durch die Altstadt. Mein erster Eindruck der Stadt war, dass es hier vor allem alte, weiße Menschen gibt.

Am Nachmittag hatte ich das Vorstellungsgespräch, das sehr angenehm war. Danach spazierte ich eine weitere Runde durch die Stadt. Die historische Architektur beeindruckte mich. Trotz des Regens wirkte die Altstadt freundlich, da alles so farbenprächtig ist. Aber ich hatte noch immer die Beschimpfung der Menschen im Kornmarktcenter im Kopf. Ich lief durch die Stadt und dachte zum ersten Mal darüber nach, was ich eigentlich mache, wenn ich eine Zusage für die Stelle bekommen sollte.

Ich lief noch gedankenversunken durch die Stadt als mein Handy klingelte und mein zukünftiger Arbeitgeber mir mitteilte, dass sich die Kommission einstimmig für mich zur Besetzung der Stelle entschieden habe. Ich kann mich an das Gespräch nicht mehr wirklich erinnern, ich dachte doch gerade noch darüber nach, was ich mache, wenn ich die Stelle bekommen sollte. Jedenfalls erbat ich mir wohl Bedenkzeit…

Ich ging zurück zum Hotel und dort starrte ich dann eine Stunde die Decke über dem Bett an und telefonierte dann drei Stunden mit allen möglichen Menschen, die sich meine Verzweiflung anhören mussten. Jedenfalls nahm ich den Tipp des Lieblingsmenschen an, der mir riet einfach mal nach positiven Dingen zu recherchieren, die vielleicht die Beobachtung des Vormittags aufwiegen und mir helfen sollten eine Entscheidung zu treffen. Ich fand nicht sehr viel, was meine Stimmung änderte, aber ich fand die Internetseite von „Bautzen bleibt bunt“.

Am nächsten Tag ging es zurück Richtung Mittelhessen. Beim Umsteigen am Bahnhof in Dresden rief ich meinen zukünftigen Arbeitgeber an und sagte die Stelle zu! Warum ich zugesagt habe, weiß ich gar nicht so richtig. Bereits zwei Wochen später sollte ich dies Stelle antreten und wieder in der Stadt sein.

Zwischen September und Dezember änderte sich mein Eindruck von Bautzen nicht. Ich hatte bis Jahresende eine weitere Stelle in Hessen und pendelte im Wochentakt. Ich fuhr sonntags widerwillig nach Sachsen und freitags froh gestimmt zurück nach Hessen. Von der Stadt und den Menschen außerhalb des Arbeitsplatzes sah ich in der Zeit nicht viel.

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